Maulkorb für Hersteller kompostierbarer Säcke

Maulkorb für Hersteller kompostierbarer Säcke

Der Knatsch um das Verbot der dünnen Plasticsäcke, die an den Kassen der Detailhändler erhältlich sind, geht in die nächste Runde. Die Diskussionen gehen mittlerweile über die politische Debatte hinaus. Nun ist es soweit gekommen, dass dem Hersteller kompostierbarer Säckchen ein Redeverbot auferlegt wurde.

föd. Das Thema um das Verbot der weissen «Raschelsäckchen» sorgt für mächtig Unruhen in den Reihen der Plastictaschen-Hersteller. Mittlerweile ist die Situation so verfahren, dass die unterschiedlichen Parteien gar nicht mehr miteinander reden und sich den Mund verbieten.

So geschehen in der Waadt: Frédéric Mauch, Chef der Waadtländer Firma Bioapply, hat einen bösen Brief enthalten. Der Hersteller von kompostierbaren Säcken, wird darin aufgefordert, sich ab sofort nicht mehr zum Plasticsack-Verbot zu äussern. Bioapply beliefert in der Waadt die Migros, wo es seit vergangenem November keine Gratissäckchen mehr an den Kassen gibt.

Wer konkret hinter der Drohung steckt, ist derzeit noch nicht klar. Verfasser des Briefs ist der Waadtländer Anwalt Eduardo Redondo, welche nicht auf Mauchs Kontaktaufnahme reagierte.

«Nordkorea-Methoden»

Grund des Redeverbots dürfte Mauchs Auftritt an einer Verpackungsmesse heute in Zürich sein. Im Zuge dessen wird er sich wohl oder übel über das Verbot der Plastictüten und Alternativen, die er herstellt, äussern. Dass dies den Vertretern der Plasticindustrie gar nicht passt, ist selbstredend. Mauch wird im Brief darauf aufmerksam gemacht, dass er gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstosse, wenn er den Auftritt wahrnehme. Am Schluss des Schreibens wird dem Firmenchef ein Ultimatum gesetzt. So hätte er bis vergangenen Freitag bestätigen müssen, dass er die Schweigeaufforderung einhalten wird. Das hat er aber nicht getan.

«Ich werde mich nicht zum Schweigen bringen lassen», sagt Mauch gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Er werde den Auftritt an der Messe wahrnehmen. «Ich finde diese Nordkorea-Methoden fast schon lächerlich.»

Michael Baumgartner, Sprecher des Verbands Swiss Plastics, weist Vorwürfe nach denen Swiss Plastics Verfasser des Drohbriefes sei, zurück. «Wir finden Maulkörbe denkbar schlecht», sagt er dem «Tages-Anzeiger». Zwar sei der Verband unglücklich über das kommende Verbot. Es gelte nun aber, das Beste daraus zu machen.

Aufregungen wegen eines Übersetzungsfehlers

Das Parlament hat der Motion des Nationalrats Dominique de Buman (cvp., Freiburg) 2012 zugestimmt. Zwischenzeitlich entstand der Eindruck, das Verbot gelte für sämtliche Plastictaschen, auch jene, die für Gemüse und Obst vorgesehen sind. De Buman wollte dies aber explizit nicht, er führte die Aufregung auf einen Übersetzungsfehler zurück.

Nach der Annahme der Motion begann das Bundesamt für Umwelt mit der Umsetzung, die aber nur schleppend vorangeht. Ursprünglich war das Verbot der Wegwerfsäckchen auf den 1. Januar 2015 vorgesehen. Nun verzögert es sich bis zum 1. Januar 2016.

 

NZZ_am_Sonntag

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